Problembewältigung ist nicht immer einfach: Die Zurechtweisung vom Chef, der Streit mit dem Partner, der Kunde, der den Großauftrag widerrufen hat. Der emotionale Ärger, der durch solche alltäglichen Ereignisse entsteht, verleitet den einen oder anderen dazu, sich abends ein „Gläschen“ zu gönnen. Die sogenannte „euphorische Phase“ nach dem ersten Glas Wein oder Bier beschert uns ein wohliges Gefühl und die Welt wird ein wenig erträglicher und für eine gewisse Zeit sogar rosarot.
Natürlich glauben wir auch gern diesen (fragwürdigen wissenschaftlichen) Studien, in denen behauptet wird, dass Rotwein das Herzinfarktrisiko senken und das Leben verlängern würde. Aber niemand hinterfragt die Laborbedingungen oder die Auftraggeber dahinter.
Mir ist ein anderes Laborexperiment mit Laborratten zum Thema Alkohol in Erinnerung geblieben, von dem ich einmal im Radio hörte (die genaue Quelle ist mir leider nicht mehr in Erinnerung, ich freue mich über entsprechende Hinweise…). Diese Studie gab mir zu denken:
Die Forscher platzierten konzentrierten Alkohol in einem Käfig voller Ratten. Die Ratten rochen daran, zogen sich aber angewidert zurück. Nachdem sich sie sich lange vehement geweigert hatten, diese fremde und abartig riechende Substanz zu konsumieren, folgte der zweite Schritt des Experimentes: Man zwang die Ratten, Alkohol zu sich zu nehmen, indem man ihnen einige Tropfen auf die Zunge träufelte. Anschließend überließ man die Ratten wieder sich selbst, bot ihnen aber in ihrem Käfig weiterhin Alkohol an. Und was geschah? Die Ratten begannen fortan ganz von selbst, Alkohol zu konsumieren und zwar mit steigender Tendenz. Ganz offensichtlich mussten sie zunächst Bekannschaft mit der euphorisierenden Wirkung der Droge machen, um den vordergründig widerlichen Geschmack dieser giftigen Substanz ertragen und überwinden zu können. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass es durch den allerersten Alkoholkonsum zu einer sofortigen Umstrukturierung im Gehirn kommt, die dazu führt, dass die Ratten fortan den schlechten Geschmack der Droge ignorierten, um die berauschende Wirkung wieder und wieder erleben zu können.
Für den einen oder anderen, der sich nach einem langen, stressreichen Arbeitstag auf ein Gläschen Rotwein, Whisky oder den teuren Cognac freut, könnte das eine schmerzhafte Erkenntnis sein, denn es würde bedeuten, dass er/sie einer milliardenschweren Lüge auf den Leim gegangen ist.
Jeder soll nach seinen Wünschen glücklich werden. Ich werfe niemandem seine Schwächen vor. Und wer seine Gelüste ernsthaft im Griff hat und Alkohol wirklich nur mäßig konsumiert, wird wohl auch keinen ernsten Schaden davon tragen. Nach Informationen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) gelten als „risikoarme Alkoholmengen“: bis 24 g reinen Alkohols pro Tag bei Männern (etwa zwei kleine Flaschen Bier (0,66 l) oder zwei kleine Gläser Wein (0,25 l) und ungefähr die Hälfte davon für Frauen. Eine wöchentliche Alkoholabstinenz von mindestens zwei Tagen gilt als empfehlenswert.
Als Experte im Bereich Burnout und Burnout-Prävention möchte ich lediglich darauf hinweisen, dass am Beginn dieses Erschöpfungssyndroms meist Stress, soziale Probleme und Isolation stehen. Werden diese Probleme mit Alkohol betäubt, steigt die Gefahr einer künftigen Abhängigkeit. Und fatalerweise werden die Symptome eines Burnouts durch den Kater- bzw. Hangover-Effekt am nächsten und den darauffolgenden Tagen verstärkt. Werden diese dann widerum mit Alkohol (oder anderen Drogen bekämpft) entsteht eine gefährliche Abwärtsspirale.
Wer aufhören möchte zu glauben, dass ihm ohne Alkohol etwas fehlen würde, dem empfehle ich das Buch „Endlich ohne Alkohol!: Der einfache Weg mit Allen Carrs Erfolgsmethode“ von Allen Carr.